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Geschichte des Damenbobsports

Wenn man den Damenbobsport von der geschichtlichen Seite betrachtet, müßte man der Wahrheit zuliebe sagen, „Die Damen sind wieder zurück“. Denn in den Anfängen des Bobsports, etwa 1885 fuhren bereits Frauen, teilweise sogar zu fünft, auf einem Bob. Die „fünfte“ Frau war sogar das wichtigste im damaligen Herren-Bobsport. Ohne sie wäre ein Bobrennen völlig unmöglich gewesen. Aus den Sportbüchern der Cresta- und Skeleton-Geschichte sind diese Tatsachen zu entnehmen. Im Sportarchiv St. Moritz sind sogar einige Bilder vorhanden, die Damen zu fünft auf dem Bob zeigen.

Frauenbob um 1909 
Laut Schweizer Archiv wird am 16. Dezember 1909 in Gossensaß die 1600 Meter lange Bobsleighbahn angelegt und vom 30. Dezember bis 02. Januar werden sportliche Bobveranstaltungen, an der auch Damen teilnehmen, abgehalten. Weiter wird berichtet, daß auf der Jaufenstraße während der Wintermonate im Wipptal Bobsportveranstaltungen stattfanden. Besonders beachtenswert ist hier die reine Frauenmannschaft im Bob "Haidenschaft". Die Lenkerin, Frau Kelderer, führte diesen Bob an, wie im nebenstehenden Photo von 1920 zu sehen ist. Im Jahre 1923 in Paris beim Gründungskongress der FIBT beschlossen die Delegierten - allesamt Männer - Frauen von Meisterschaftsrennen prinzipiell auszuschließen. Dies wurde 1928 vom Kongress bestätigt. 20 Jahre lang war Damenbobsport kein Thema mehr. Die Tscheschoslowakei startete 1955 erneut einen Versuch. Frankfrei startete 1975 beim Kongress in Cervinia (ITA) einen weiteren vergeblichen Versuch. Weiterhin wurde auch dieser Versuch von der Männer dominierten Bobwelt vereitelt.

EndeEnde der 70er, Anfang der 80er Jahre versuchten sich abermals die ersten Frauen an den Lenkseilen.17 Jahre später wurde die Frage bezüglich des Damenbobsportes bei einem FIBT-Kongress wieder erwähnt.  Inzwischen gab es bereits Frauenrennen. 1995 sanktionierte die FIBT dann Meisterschaftsrennen für Frauen und legte damit den Grundstein für eine aufstrebende Disziplin und größere Auslastung der Bahnen in aller Welt weithin. Es ist also nichts neues in der Bobgeschichte, dass Frauen mit dem Bob fahren. In diesem Fall konnte man sogar davon sprechen, dass sich die Damen den Bobsport zurückerobert haben und das auch noch mit großem Erfolg. Frauenriege im Bob um 1920. Lenkerin ist die bekannteste Bobfahrerin Frau Kelderer
17 Jahre später wurde die Frage bezüglich des Damenbobsportes bei einem FIBT-Kongreß wieder erwähnt. Inzwischen gab es bereits Frauenrennen. 1995 sanktionierte die FIBT dann Meisterschaftsrennen für Frauen und legte damit den Grundstein für eine aufstrebende Disziplin und größere Auslastung der Bahnen in aller Welt weithin .

Es ist also nichts neues in der Bobgeschichte, daß Frauen mit dem Bob fahren. In diesem Fall kann man sogar davon sprechen, daß sich die Damen den Bobsport zurückerobert haben und das auch noch mit großem Erfolg.

Bei Anschubwettbewerben, Leistungstests und Weltcup-Rennen bewiesen die Damen mehr als einmal, daß sie die Nase vorn haben. Der Fortschritt geht rasant voran. Immer mehr Frauen finden gefallen an diesem rasanten Sport. Gabi Kohlisch am Start auf der Bobbahn Königssee Wenn man sich die sportlichen Profile ansieht, stehen nur Spitzensportlerinnen am Start, keine Freizeitsportlerinnenen, sondern langjährig erfahrene Profis, die absolut fähig sind, sich diesem Sport zu stellen und mit Begeisterung auch schwierige Bahnen zu bewältigen. Gerade die Deutschen Frauen erhalten die beste Ausbildung und profitieren unheimlich von den Erfahrungen und Fehlern, die lange Jahre vor ihnen ihre männlichen Kollegen gemacht haben. Die Sportlerinnen haben den Vorteil, diese Fehler nicht machen zu müssen und können innerhalb kürzester Zeit zu Top-Athletinnen ausgebildet werden. Die Erfolge sind zu sehen. Die Deutschen stehen hoch im Kurs.

Bislang gibt es eine Weltcupserie mit 8 Rennen, eine Gesamtwertung und ab 2000 im Februar die erste Weltmeisterschaft, die in Winterberg im Sauerland stattfinden wird. In Kannada, USA, Norwegen, Österreich und in Deutschland werden sämtliche nationalen Rennen und Lehrgänge sowie Stützpunkttrainingszeiten genutzt. Die Bobfahrerinnen bilden nur eine kleine Gemeinschaft. Weltweit sind nicht mehr als einhundertfünfzig Frauen im Bobsport aktiv. Doch das soll sich ändern.


Beim Weltverband gab man sich nach anfänglicher Zurückhaltung aufgeschlossener und dazu gehört vor allem die Aufnahme ins Olympische Programm.
Den ersten Schritt seitens des Deutschen Verbandes hat man getan. Die ehemalige erfolgreiche Leichtathletin und Babmintonspielerin und spätere Bobsportlerin Erica Fischbach wurde in das Präsidium berufen, um die Entwicklung des Damenbobsports zu fördern und verstärkt Nachwuchs zu suchen.

Die Bobsportlerinnen waren optimistisch, denn auch der internationale Verband F.I.B.T. stellte sich voll hinter den Damenbobsport und befürwortete die Aufnahme in das Olympische Programm und nahm die allererste Damenbobweltmeisterschaft in ihren Terminkalender auf. Seitens der Ausrichter der Olympischen Spiele in Salt Lake City stand dem nichts mehr im Wege und nahmen diese Disziplin ebenfalls bereit in ihr Programm auf, bevor der Entscheid seitens des IOC da war. Die Einführung neuer olympischer Wettbewerbe in Salt Lake City wurde durch die Exekutive des IOC am 2. Oktober 99 gefällt. Für die weitere Entwicklung des Damenbobsports, nicht nur in Deutschland sondern auch bei den anderen Nationen, sah es sehr positiv aus.

Damenbob auf dem Weg zu Olympia

Anfangs überwog die Anzahl der Skeptiker gegenüber den Befürwortern. Zu den Befürwortern gehörte nicht nur Präsident Robert Storey (CAN), Vizepräsident Paul Pruszynski (GBR),Vizepräsident Corrado Del Fabbro (ITA) vom Internationalen Bobverband F.I.B.T. sondern  auch die IOC Vizepräsidentin Antia de Frantz (USA). Letztendlich war Prinz Albert von Monaco -IOC-Mitglied, Präsident der monegassischen Bobföder-ation und aktiver Teilnehmer im Viererbob bei allen Olympischen Winterspielen von 1988 bis 2002 - auch ein Förderer. Er veranstaltete die Bobstart Weltmeisterschaft, die bis 2001 immer in Monaco stattfand. Dazu lud er auch einige Damenteams zu den „Ladies Open" mit in das Fürstentum an der Riviera ein. Anfangs noch war er skeptisch, dass der Damenbob olympisch werden sollte und fand das Debüt für 2002 zu früh und ließ sich durch schlagende Argumente und darauf folgende Taten seine Einstellung ändern und wurde ein Fürsprecher im IOC für diese aufstrebende Sportart.

Die Kritiker sahen nach wie vor die Extreme des Bobsports für Frauen als nicht beherrschbar an. Außerdem sei der Damenbobsport nur in ein paar Ländern betrieben worden und für die Olympiatauglichkeit stellte das IOC die Bedingung einer größeren Verbreitung. Die Vorteile der Aufnahme ins Olympische Programm lagen auf der Hand.

Durch zusätzliche Sportarten wie Damenbob und Skeleton könnten die außerordentlich kostenintensiven Bahnen noch besser ausgenutzt werden. Was sich auch bis zum heutigen Tag bestätigte. Seit 1999 ist eine Steigerung von 6 teilnehmenden Nationen auf 22 Nationen gewachsen, der heutige Stellenwert und das Niveau nahm deutlich zu. Dies ist den beiden größten Lobbyisten dem Kanadier Joseph Kilburn und der Deutschen Erica Fischbach zu verdanken, als es um die Werbung für den Damenbobsport und die Olympische Anerkennung ging.

Die Entscheidung über die Einführung neuer olympischer Wettbewerbe in Salt Lake City wurde durch die Exekutive des IOC am 2. Oktober 1999 gefällt. Bislang gibt es eine Weltcupserie mit 8 Rennen, die in der kommenden Saison 2002/2003 auf 10 Weltcups erhöht werden soll.

Die ersten internationalen Damenrennen 1990 in Winterberg wurden mit großem Anteil u.a.von Malcom „Gomer“ Lloyd, einst Bobfahrer und kanadischer Trainer, von Corry Brown und Ursula Hiltebrand, die Frau des einstigen Weltklassepiloten und Trainers am Rande der britischen Juniorenmeisterschaft organisiert. Die finanzielle Unterstützung hielt sich in den Anfangsjahren mehr als in Grenzen. So mieteten die Frauen oft Equipment, mit denen Männer kaum noch auf die Piste gegangen wären. Malcolm Lloyd und später auch  Joseph Kilburn (CAN) waren die ersten Trainer, die den Frauen die Grundbegriffe des Bobhandwerks beibrachten. Bald bildeten sich zu den Kanadierinnen und Britinnen Mannschaften aus der Schweiz, Deutschland, Lettland und Groß Britannien, die USA folgten wenig später.

Die ersten Schritte des heutigen Damenbob

Die Kanadierin Sigi Clayton (heute verh. Feuser) wurde bei einer Gästebobfahrt  1989 erstmals von dem Bob-Virus infiziert. Die Erinnerung an den Adrenalinstoß dieser Fahrt gab ihr in der Folgezeit immer wieder Mut und Durchsetzungskraft, Stolpersteine und Vorurteile aus dem Weg zu räumen. Sie wollte damit auch ihrer Landsfrau Susan Calvert nacheifern, die schon Ende der 80er Jahre bei Herrenrennen in Calgary dabei war. Bald gesellte sich mit Christina Smith und Christin Fraser zwei neue Pilotinnen zum kleinen, kanadischen Damenteam hinzu.

Caroline Burdet war eine der ersten Schweizer Bobpilotin, mit ihrer Schwester als Bremserin, die später selbst an die Lenkseile ging. Francoise dominierte später sehr lange den Weltcup und errang 2001 den langersehnten und erstrebten Weltmeisterschaftstitel in Kanada.

Einer der ersten Länder dieser aufstrebenden Sportart war Groß Britannien, durch die Pilotinnen Gillian Cooke und Michel Coy. Ihre damalig Bremserin Cheryl Done wurde später selbst Pilotin. Die spätere und erste Olympiasiegerin Jill Bakken (USA) und ihre amerikanische Kollegin Jean Racine starteten ihre ersten Versuche im Bob 1994. Jean Racine dominierte die Weltcup-Jahre 1999 – 2001.

Die ersten Deutschen Damen

Petra Bangert und die jeweilige Anschieberin war keine andere als Heike Storch, die 1994 begann, selbst den Bob zu steuern. Die erste deutsche Bobfahrerin war Daniela Diemel, eine ehemalige Rodlerin aus Winterberg. Ein Jahr später musste sie in kurzer Zeit lernen, dass Aufwand und Nutzen in einem krassen Missverhältnis standen. Die Sportart war einfach kostenaufwändig.  Eine Förderung gab es nicht. Sponsoren waren wegen der mangelnden Anerkennung schwer zu finden. Mit Steffi Möller und Katrin Kühne folgten zwei weitere Damen.

Die Anfangsjahre waren äußerst kostenintensiv. Eine Saison inklusive der Rennen in Übersee konnte schnell EUR 30.000,-- kosten. Was Sponsoren nicht zahlten, wurde aus der eigenen Tasche aufgefüllt. Zu dieser Zeit kam auch Erica Fischbach dazu, die erste Damenbobbeauftragte des Deutschen Bob- und Schlittensportverbandes (DBSV). Sie hatte selbst eine erfolgreiche Laufbahn als Leichtathletin und Badmintonspielerin hinter sich und kam sehr spät zum Bobsport und fungierte als Anschieberin bei der Bobpilotin Heike Storch. Sie legte nicht nur die Basis und erarbeitete die Strukturen für den heutigen Erfolg, sondern durch ihren unermüdlichen Einsatz ist es ihr zu verdanken, dass die erste Weltmeisterschaft im Damenbob in Winterberg ausgetragen wurde. Die gute Zusammenarbeit zwischen ihr und dem Internationalen Verband, u.a. auch in Verbindung des Damenbob Attachés des Weltverbandes Joseph Kilburn, lohnte sich und waren förderlich für ihre Ziele.

Gerade die Deutschen Frauen profitierten von dem Glück sich auf den 4 unterschiedlichen Bahnen in Deutschland einen gewissen Vorteil und Flexibilität zu erarbeiten. Von ihren männlichen Kollegen wurden sie innerhalb kürzester Zeit zu Top-Athletinnen ausgebildet. Die Erfolge waren zu sehen. Die Deutschen Damen stehen hoch im Kurs und haben den meisten Nachwuchs.

Die Rodlerinnen kommen

Mit den Amerikanerinnen Jean Racine und Bonny Warner oder Katrin Kühne aus Deutschland hatten bereits ehemalige Rodlerinnen den Weg zum Bobsport gefunden. Die Vergangenheit in dieser Rennsportart, die Bahnkenntnisse und das Gefühl für die Technik waren ideale Voraussetzungen für einen erfolgreichen Start in der neuen Sportart. Nach dem Olympiaentscheid kamen erwartungsgemäß weitere Rodlerinnen zum Bob. Bereits im Sommer 1999 begann die ehemalige Weltmeisterin Gabi Kohlisch (erste Damenbob-Weltmeisterin) . Die Überredungskünste und Bemühungen von Ron Ringguth, vom Sportsender Eurosport fruchteten. Er vermittelte ihr mit der Diskuswerferin Kathleen Hering vom LAC Leipzig eine schnelle und vor allem starke Anschieberin. Als das IOC den Olympiabeschluss getroffen hatte, stand auch für Gabi Kohlisch fest, dass sie es noch einmal versuchen wollte.

Eine weitere Ex-Weltmeisterin im Rodeln fand im Winter 1999/2000 zum Bobsport. Susi Erdmann. Beim Weltcup in Königssee im gleichen Winter fuhr Susi Erdmann den Spurbob. So mancher Herr nickte bemerkenswert, wie sie nach wenigen Abfahrten die schwierige Eisrinne im Berchtesgadener Land beherrschte. Besser als mancher Mann. Der Damenbobsport in Deutschland profitierte durch ihre Attraktivität und Beliebtheit bei den Medien sehr stark und war förderlich für die Popularität dieser Sportart.

Mit Sandra Prokoff aus Winterberg überraschte eine „Newcomerin“, die trotz mehrerer durchschlagender Erfolge im Rennrodeln als Juniorin ihre Laufbahn beendet hat. Da sie  keine Perspektive im Rodelsport sah, in dem sehr starken deutschen A-Team Fuß zu fassen, wandert sie zum Bobsport ab. Auch sie bestätigte, dass es ein großer Vorteil ist, von der Sportart Rodeln zum Bob zu wechseln. Sie schlug ein wie eine Bombe. Sie profitierte von ihrer früheren Teilname an Leichtathletik-Wettkämpfen und ihren Erfahrungen als Rodlerin. Sie schockte nicht nur mit Startrekorden, sondern konnte auch mit dem Erreichen vorderer Plätze bei Selektionen und späteren Podiumsplätzen bei Weltcuprennen die Konkurrenz schlagen.
 

Beide, Susi Erdmann und Sandra Prokoff, dominierten die Olympia- Vorsaison und durchbrachen die Gewinnserie der amerikanischen Pilotin Jean Racine und der Schweizerin Francoise  Burdet der vorherigen Jahre.

Ein Leichtathletikstar mit einem unrühmlichen Ende

Mit Ludmilla Enquist fand im Winter 2000/2001 ein weiterer Ex-Star aus der Leichtathletik in das Boblager. Die zweifache Weltmeisterin im Hürdensprint und Olympiasiegerin von 1996 wollte das Team von Karin Olsson (SWE) verstärken. Bereits als Ludmilla Naroschilenko hatte die Sprinterin für Russland Lorbeeren gesammelt, aber auch Negativschlagzeilen und sich des Dopingvergehens schuldig gemacht. Nach der Heirat mit Johan Enquist startete Naroschilenko fortan unter dem Namen Ludmilla Enquist für Schweden und holte 1996 den Olympiasieg und 1997 den Weltmeistertitel nach Skandinavien. Gleich bei den ersten Bobrennen zeigte sich, dass Karin Olsson mit Ludmilla Enquist zu außerordentlich guten Startleistungen in der Lage waren, auch einige Startrekorde einstellte. Zu Beginn der Olympischen Wintersaison sorgte Ludmilla Enquist erneut für Schlagzeilen. Leider für Negativschlagzeilen. Eine bei einer Trainingskontrolle am 4. Dezember 2001 in Lillehammer abgegebene Dopingprobe überführte die Schwedin erneut als Dopingsünderin. Die Olympiasiegerin verzichtete auf die B-Probe, was einem Eingeständnis gleich kommt.

Ein Zugpferd für die kommenden Jahre wird auch die italienische ehemaligen Rodelweltmeisterin und Olympiasiegerin Gerda Weisensteiner mit ihrer zweifachen Olympiasiegerin im Bahnradfahren Antonella Belluti sein, die in der Olympiasaison zum Damen gestoßen sind. Ihre Präsenz ist als Bereicherung und Förderung für diese aufstrebende Sportart zu sehen.

 



 

Verantwortlich für den Text: Erica Fischbach


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